Leistungsschutzrecht: Der Verlegerverband begrüsst die Gesetzesvorlage des Bundesrates

  24. Mai 2023
Leistungsschutzrecht: Der Verlegerverband begrüsst die Gesetzesvorlage des Bundesrates

Der Bundesrat hat heute die Gesetzesvorlage zum Leistungsschutzrecht in die Vernehmlassung geschickt. Der Verlegerverband SCHWEIZER MEDIEN begrüsst die Stossrichtung des Bundesrats, der die journalistische Arbeit der Schweizer Medienhäuser besser vor den internationalen Tech-Plattformen schützen und das Urheberrecht der digitalen Realität anpassen will. Er fordert aber auch, dass künftige technologische Entwicklungen berücksichtigt werden.

Zürich, 24. Mai 2023

Neuigkeiten, Analysen und Interviews aus der Schweizer Politik und Wirtschaft, Berichte aus den Bereichen Sport und Kultur – alle Artikel und Beiträge, die über die verschiedensten Kanäle bei den Schweizer Medien erscheinen, müssen zuerst von den Medienunternehmen mit ihren rund 12 000 Journalistinnen und Journalisten erarbeitet werden. Die Bedeutung von gutem Journalismus für unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat ist enorm – der zeitliche und finanzielle Aufwand ebenso. Die Medienunternehmen investieren hunderte Millionen Franken. Unbestritten ist daher, dass journalistische Inhalte nicht gratis übernommen werden dürfen. Doch genau dies passiert bis anhin aufgrund einer Gesetzeslücke im Urheberrecht. 

Google & Co übernehmen Schweizer Wertschöpfung ohne Vergütung

Das derzeitige Urheberrecht ist noch nicht der veränderten digitalen Realität angepasst, womit die Schweizer Medienhäuser aktuell der kommerziellen Nutzung ihrer Inhalte durch Google & Co schutzlos gegenüberstehen. Die internationalen Suchmaschinen und Social Media-Plattformen übernehmen in ihren Geschäftsmodellen die Inhalte der Verlage, ohne dass diese fremden Leistungen vergütet werden. Den Schweizer Medienhäusern werden dadurch finanzielle Mittel (in der Form von abwandernden Werbe- und Aboeinnahmen) abgeschöpft, während die internationalen Internet-Plattformen ihren Gewinn dank der journalistischen Inhalte stetig steigern. Als Quasi-Monopolisten diktieren die internationalen Tech-Giganten aufgrund ihrer Marktmacht die Bedingungen der Distribution. Die Medienhäuser sind auf Präsenz in den Angeboten der Tech-Giganten angewiesen, was zu sehr ungleich langen Spiessen führt. 

Bundesrat will fairen Ausgleich zwischen Medienhäusern und Tech-Giganten

Der Bundesrat ist sich dieses Problems bewusst und schickt darum seine Vorlage zum Leistungsschutzrecht in die Vernehmlassung. Die Schweiz würde damit den gesetzlichen Schutz von journalistischen Leistungen anpassen, und zwar auf das Niveau der EU, welche bereits ein Leistungsschutzrecht für journalistische Inhalte kennt. 

Für richtig erachten die Verlegerverbände, dass in der vorgeschlagenen Lösung die kleineren und mittleren Verlage eine besondere Erwähnung finden. Ebenso teilen die Verlegerverbände die Meinung, dass die Journalistinnen und Journalisten an der Vergütung angemessen beteiligt werden sollen. Das Leistungsschutzrecht umfasst das ganze Ökosystem des Schweizer Journalismus – dieses gerät aufgrund des unfairen Geschäftsmodells der internationalen Tech-Plattformen in seiner Gesamtheit in Bedrängnis.

Keine Beschränkung der Internetfreiheit, kein Angriff auf KMU 

Besonders wichtig ist den Verlegerinnen und Verlegern, dass nicht der reine Link, sondern vielsagende Ausschnitte aus Artikeln (Snippets) geschützt werden sollen. Dieser zentrale Punkt ist mit dem vorgelegten Gesetzestext gesichert. Entgegen der Behauptung der Tech-Plattformen und ihrer Unterstützer, welche europaweit das Leistungsschutzrecht aus rein wirtschaftlichen Gründen bekämpfen, ist das freie Internet durch das Leistungsschutzrecht in keiner Weise in Frage gestellt.

Aus der Vernehmlassung kann auch entnommen werden, dass ausdrücklich nur jene Plattformen eine ausgleichende Vergütung erbringen sollen, die aufgrund ihrer Marktmacht einen spürbaren Effekt auf den Medienkonsum in der Schweiz haben und mit ihrer (Werbe-)Wertschöpfung aus den bisher kostenlos bezogenen Inhalten der Medienhäuser einen relevanten Teil des gesamten Werbeertrages einstreichen. Von der geplanten Gesetzesänderung sind daher ausschliesslich internationale Tech-Giganten wie Google, Microsoft und Meta betroffen, nicht aber Schweizer KMU.

Belegter Vergütungsanspruch und internationaler Standard 

Eine neue Studie von FehrAdvice & Partners, welche von Ökonomen der ETH Zürich und der Universität Zürich wissenschaftlich begleitet wurde, zeigt auf, warum eine faire Vergütung an die Medienunternehmen gerechtfertigt und notwendig ist. Die Studie belegt evidenzbasiert, dass die journalistischen Inhalte der Medienunternehmen für digitale Plattformen einen substantiellen Wert liefern: Die aktuellen, fundierten und glaubwürdigen Informationen steigern die Attraktivität, die Qualität, die Aktualität und das Vertrauen in die Dienste der Techplattformen, ohne dass die Verwendung der Inhalte heute vergütet würde. Die Studie beziffert die Summe, welche Google an die Schweizer Medien zu entrichten hätte, auf mindestens 154 Millionen Franken pro Jahr.

Wichtig ist dabei, dass die Vorlage bereits heute künftige Entwicklungen berücksichtigt. Die anstehende Diskussion über das Leistungsschutzrecht im Schweizer Urheberrecht muss daher nebst Suchmaschinen und News-Aggregatoren ebenso neue Anwendungen der künstlichen Intelligenz wie Chatbots (z.B. ChatGPT) mitdenken. Auch diese verwenden die journalistischen Inhalte als Basis ihrer Leistung und nutzen so die aufwendige journalistische Vorleistung für die eigenen kommerziellen Zwecke. Die Wirtschaftsfreiheit der Tech-Giganten wird respektiert, für die Konsumentinnen und Konsumenten ändert sich nichts. Einzig, dass sie mit der Gesetzesvorlage des Bundesrates zum Leistungsschutzrecht einen gestärkten Journalismus erhalten.

Im Rahmen der «Allianz Pro Leistungsschutzrecht», die von einem überparteilichen parlamentarischen Co-Präsidium und einer Vielzahl von Organisationen aus der Medienbranche, der Kultur und der Wirtschaft getragen wird, wird sich der Verlegerverband intensiv für das notwendige Leistungsschutzrecht einsetzen.