SwissMediaForum 2023: «Schweizer Leistungsschutzrecht kann Vorbild für Europa sein»

  12. Mai 2023
SwissMediaForum 2023: «Schweizer Leistungsschutzrecht kann Vorbild für Europa sein»

Zürich, 12. Mai 2023 – Suchmaschinen, welche journalistische Inhalte gezielt absaugen, und Chatbots, welche journalistische Inhalte neu verpacken: Am Swiss Media Forum in Luzern standen die Entwicklungen der Künstlichen Intelligenzen und die Folgen für den Schweizer Medienplatz im Zentrum der Diskussionen. Vertreterinnen und Vertreter aus Redaktionen und Verlagen sowie Digital-Expertinnen und -Experten zeigten sich einig, dass der Schutz der journalistischen Inhalte auch in der Schweiz rasch ausgebaut werden müsse – mit einem griffigen Leistungsschutzrecht, das die neuesten Entwicklungen der globalen Tech-Plattformen vorausschauend berücksichtigt.

Anlässlich seines Auftrittes am Swiss Media Forum betonte Andrea Masüger, Präsident des Verlegerverbandes SCHWEIZER MEDIEN (VSM), wie wichtig die Einführung des Leistungsschutzrechts für die Schweiz sei: «Die Suchmaschinen, welche journalistische Inhalte ohne Vergütung nutzten, sind erst der Anfang. ChatGPT und andere Chatbots zeigen bereits die nächste Stufe der Ausbeutung», so Andrea Masüger: «Wie ein Staubsauger nehmen die Künstlichen Intelligenzen alle unsere journalistischen Inhalte auf, und wie eine Wurstmaschine machen sie daraus neue Produkte. An diesen verdienen in erster Linie die internationalen Tech-Giganten, während die Schweizer Verlage und Medienschaffenden als eigentliche Urheber leer ausgehen.» 
 
Experte Höppner: Ohne Leistungsschutzrecht droht Verlagen massive Konsequenzen

Diese Meinung vertrat am Swiss Media Forum auch Professor Thomas Höppner, der die Deutschen Verlage unter anderem in Zusammenhang mit Google News Showcase oder Apple ATT vertreten hat. In Europa habe sich das Leistungsschutzrecht als Standard etabliert, weil inzwischen allgemein anerkannt sei, dass es einen fairen Ausgleich zwischen dem Aufwand zur Erstellung der journalistischen Inhalte und dem Ertrag geben müsse, den die globalen Tech-Plattformen damit erwirtschafteten. «Denselben fairen Ausgleich braucht es auch bei Anwendungen von Künstlichen Intelligenzen wie ChatGPT oder Bard», so Höppner. Gleich wie bei den Suchmaschinen komme nämlich den journalistischen Inhalten auch bei Chatbots eine enorme Bedeutung zu. «Die journalistischen Inhalte liefern den globalen Tech-Plattformen aktuelle, fundierte und glaubwürdige Informationen, welche das Vertrauen in ihre KI-Dienste massiv erhöhen», so Höppner. "Je intensiver KI-Anbieter Inhalte von Verlagen verwerten", ist sich der Experte sicher, "desto umfassender werden sich immer mehr Nutzer direkt über KI-Chatbots informieren". Die Medienunternehmen würden dadurch nicht nur Traffic und den direkten Kontakt zu den Nutzenden verlieren, sondern letztlich auch ihrer finanziellen Grundlage beraubt. 

Forderungen des VSM: Schweizer Leistungsschutzrecht, das Aktualität berücksichtigt 

Dem angedachten Leistungsschutzrecht kommt vor diesem Hintergrund eine zentrale Rolle zu: Es soll sicherstellen, dass die Medienunternehmen und auch die Journalisten und Journalistinnen eine Vergütung für die Nutzung ihrer Inhalte erhalten, wenn diese für Suchmaschinen, News-Aggregatoren oder neu auch Anwendungen der Künstlichen Intelligenz verwendet werden. «KI-basierte Anwendungen dürfen auf keinen Fall die Leistungen der Verlage und Redaktionen ausbeuten, denn das würde das Ende des heutigen Journalismus bedeuten», so Andrea Masüger. Wenn in wenigen Wochen die Vernehmlassung zum Leistungsschutzrecht starte, brauche es einen überparteilichen Konsens, um der Übermacht der globalen Tech-Plattformen begegnen zu können. Wenn man jetzt nicht handle, sei es zu spät. «Das Schweizer Leistungsschutzrecht kann, wenn es die aktuellen Herausforderungen rechtlich erfasst, für Europa Vorbild sein», ist der VSM-Präsident überzeugt. 

© Bild Andrea Masüger: Severin Bigler/SMF