Beat Jans: Medien brauchen stärkeren Schutz im Internet

  09. Januar 2025
Beat Jans: Medien brauchen stärkeren Schutz im Internet

Justizminister Beat Jans anerkennt an der Dreikönigstagung 2025 den zentralen Beitrag der Schweizer Medienverlage zur Demokratie, aber auch deren grosse Herausforderungen. Daher soll der Schutz journalistischer Inhalte mit dem Leistungsschutzrecht verbessert werden. Verlegerpräsident Andrea Masüger spricht von einer Branchenkrise, ist allerdings zuversichtlich, dass die Politik diese mit den geplanten Massnahmen abmildern kann. Alarmiert zeigt sich auch der deutsche Urheberrechtsexperte Prof. Dr. Thomas Höppner: Er fordert eine rasche, starke Regulierung.

Die rund 250 Gäste der Dreikönigstagung 2025 dürften alle mit Justizminister Jans einig sein: «Die Schweizer Verlage und Redaktionen leisten einen zentralen Beitrag zur Demokratie». Die Dreikönigstagung zeigt aber auch deutlich auf, vor welchen grossen Herausforderungen die Medien weiterhin stehen und welche neuen Herausforderungen der Aufschwung der künstlichen Intelligenz mit sich bringt.

Im Jahr 2024 feierte der Verlegerverband Schweizer Medien sein 125-jähriges Jubiläum und blickte zugleich auf ein herausforderndes Jahr zurück. Andrea Masüger, Präsident des Verlegerverbandes, bedauert insbesondere den dramatischen Stellenabbau von rund 700 Arbeitsplätzen in der Medienbranche. Der Umstand, dass dieser Schritt bei mehreren Verlagen getätigt werden musste, zeige deutlich: “Wir befinden uns in der Branchenkrise”.

Bundesrat Jans: «Medienverlage sollen entschädigt werden»

Bundesrat Beat Jans dankt in seiner Rede auch den Verlagen und Redaktionen für ihren zentralen Beitrag zur Demokratie. Aufgrund aktueller Entwicklungen wie angekündigten Abschaffung der Faktenchecker bei Facebook in den USA «brauchen wir die Medien umso mehr», appelliert Jans. Vor diesem Hintergrund sei der Bundesrat überzeugt, dass Medienverlage für die Nutzung ihrer Inhalte, etwa in Form von Snippets, fair entschädigt werden müssen. Der Justizminister nutzte seinen Auftritt an der Dreikönigstagung, um die Notwendigkeit und die Unterstützung des Bundesrates für ein Leistungsschutzrecht zu unterstreichen. Mit dem Aufschwung künstlicher Intelligenz erhalte die Debatte um den Schutz journalistischer Inhalte zudem eine neue Dimension.

Politik muss beim Schutz journalistischer Inhalte im Internet aktiv werden – oder «die drei Könige der Online-Werbung»

«Politik hat bei der Regulierung schon lange zugewartet, jetzt muss man sich klar positionieren», bestätigt die Schwyzer Ständerätin Petra Gössi (FDP.Die Liberalen) als Teilnehmerin des abschliessenden Panels. Sie hat mit einer Motion jüngst den verstärkten Schutz journalistischer Inhalte gegenüber den KI-Anwendungen gefordert. Die Schweiz mit ihrem demokratischen System sei besonders von einem starken Schutz der Medien abhängig.

Der deutsche Urheberrechtsexperte Prof. Dr. Thomas Höppner macht schon vor dem Panel deutlich: «Es braucht jetzt ein Leistungsschutzrecht, einen stärkeren urheberrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Schutz und weitere Regulierungen», um die Medien vor der dramatisch ansteigenden Macht der Plattformen zu schützen. Er zeigt sich alarmiert, dass etwa Perplexity AI längst kein Suchportal mehr, sondern ein Presseportal geworden ist. Der Traffic für die Medien nimmt weiter ab. «Wenn sie darauf angewiesen sind, dass ihnen KI-Chatbots Traffic bringen, sind ihre Schwierigkeiten noch grösser als bisher», so Höppner. Grosser Profiteur der Entwicklungen sind die «drei Könige der Online-Werbung», wie Höppner Meta, Google und OpenAI passend zum Anlass nennt. Sie funktionieren als Netz privilegierter Partner, die ein Überleben der Medienvielfalt kaum zulassen. Dagegenhalten müssen gemäss Höppner einerseits die Politik mit einer raschen, klaren Regulierung und andererseits die Medien, in dem sie mit ihren key selling points wie Aktualität, Vertrauenswürdigkeit oder Expertise den Plattformen entgegenwirken.

«Verpflichtung, Vernunft, Verantwortung»

Weltverlegerpräsidentin Ladina Heimgartner schlägt im abschliessenden Panel einen Pflock ein. Der Beitrag der Medien ist für die Information der Gesellschaft von zentraler Bedeutung und die professionellen Medien grenzen sich dank 3 Vs von anderen Informationsanbietern ab: Professionelle Medien haben eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft. Die Vernunft der Redaktionen ist zentral für die Qualität professioneller Medien. Zudem ist die Verantwortung, die professionelle Medien für ihre Inhalte übernehmen, ein entscheidender Faktor. Mit diesen Eigenschaften müssen die Medien den Tech-Giganten entgegentreten – und sich auch einen Teil des Werbemarktes zurückholen. Auch Heimgartner fordert aber eine Beschleunigung der Politik bei der Regulierung.

Verlegerpräsident hat Hoffnung auf Abmilderung der Krise

Die Finanzierungskrise der privaten Medien hat die Notwendigkeit für politische Massnahmen weiter erhöht. Verbandspräsident Masüger nennt dabei den Ausbau der indirekten Presseförderung, welcher im Parlament aktuell auf Kurs scheint. Ein zentrales Thema sei laut dem Präsidenten der Umgang mit den Herausforderungen durch künstliche Intelligenz und die Notwendigkeit eines fairen Ausgleichs für die Nutzung journalistischer Inhalte. Die Branche erwartet in diesem Zusammenhang neue Impulse, um die Schweizer Medienlandschaft langfristig zu sichern. Wenn in diesen Bereichen schnell Fortschritte erzielt werden, “kann sich die grosse Krise abmildern lassen”.

Künstliche Intelligenz bringt Chancen und Gefahren

Prof. Dr. Natali Helberger von der Universität Amsterdam bestätigt in ihrem Referat den Eindruck, dass Verlage aufgrund des Aufschwungs von KI-Anwendungen noch abhängiger von den grossen Plattformen werden: «Digitale Informationsinfrastruktur ist in festen Händen der Plattformen.» Dabei fahren die KI-Plattformen eine «divide and conquer»-Strategie, welche eine neue Rolle für die Regulierung mit sich bringt. Das Urheberrecht oder Wettbewerbsrecht müssen genutzt werden, um der Macht der Plattformen entgegenzuwirken.  

Christoph Zimmer, Leiter Produkt und Vertrieb der SPIEGEL-Gruppe, zeigt die Chance der KI-Anwendungen für Medienverlage auf. Dass KI unseren Alltag verändern wird, erwartet auch er. So nutzt auch die SPIEGEL-Gruppe KI-Anwendungen in der gesamten Wertschöpfungskette. Der Fokus liegt vor allem darauf, «den Konsum von Inhalten zu verbessern», und nicht darauf, günstiger News produzieren zu können. Entscheidend für den erfolgreichen Einsatz ist Transparenz und Sichtbarkeit, wo die Medienverlage Verantwortung übernehmen müssen. «Eine zu grosse Abhängigkeit von den KI-Plattformen ist zu vermeiden».

Der renommierte Werber Frank Bodin sieht im technologischen Wandel ist eine Schnellrakete, die auf uns zufliegt. KI-Werkzeuge können gut oder schlecht eingesetzt werden, die «Verantwortung liegt beim Menschen». Er könne sich vorstellen, dass in der Schweiz starke Labels auch für ethische Standards entstehen. Die Schweiz müsse hier Vorbild werden – auch was die Regulierung von KI angeht.

BAKOM-Direktor Bernard Maissen brachte ein, dass die Auslegeordnung zu KI-Regulierung nun auf dem Tisch des Bundesrates liegt und zeitnah kommen wird. «Die KI ist aber nicht im rechtsfreien Raum» und werde bereits heute gesetzlich eingeschränkt. Es wird sich nun zeigen, was noch zu tun ist.  

Stabsübergabe auf der Geschäftsstelle des VSM

An der Dreikönigstagung 2025 erfolgte auch die Stabsübergabe der Geschäftsführung des VSM. Stefan Wabel hat den Verband per Ende 2024 verlassen, verbleibt als COO von CH Media aber in der Medienbranche. Pia Guggenbühl wird ab Februar 2025 den Verband als Direktorin führen. Verlegerpräsident Masüger nutzte die Gunst der Stunde, um Stefan Wabel für sein grossartiges Engagement zu danken und Pia Guggenbühl viel Erfolg zu wünschen.

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