Das heiss diskutierte und umstrittene Joint-Venture-Vorhaben von Swisscom, SRG und Ringier steht derzeit in der Prüfungsphase bei der Wettbewerbskommission und beim Departement Leuthard. Der VSM ist besorgt wegen der Risiken, die ein so marktmächtiges Gebilde für den gesamten Medienplatz haben kann.
Das geplante Joint Venture sorgt in der Medienbranche für grossen Aufruhr und bei den Mitgliedern des Präsidiums unseres Verbandes – dazu gehören grosse und kleine private Medienhäuser – für grosse Irritation und Befürchtungen in Bezug auf die Zukunft des Medienplatzes Schweiz. Die Wettbewerbskommission kam am Anfang September aufgrund der vorläufigen Prüfung zum Schluss, dass sich durch die Zusammenarbeit bei der zielgruppenspezifischen TV-Werbung Anhaltspunkte für eine Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung ergeben. Sie prüft derzeit das Vorhaben darum vertieft. Ebenso prüft das Departement Leuthard die Beteiligung der SRG.
Unsere Position: Existenz der privaten Medien ist gefährdet
Wir erlauben uns darum, Ihnen die Position des Verbandes Schweizer Medien darzulegen:
Der VSM setzt dich dafür ein, dass die Wettbewerbskommission das Joint Venture untersagt oder zumindest das Bakom der SRG die Beteiligung verbietet.
Mit dem geplanten Joint Venture würde sich die Swisscom als die führende Infrastrukturanbieterin sowohl im Festnetz als auch im Mobilnetz mit dem führenden TV-Veranstalter (SRG) und einem der grössten Medienunternehmen zusammen schliessen. Dadurch würde von Beginn weg eine marktbeherrschende Stellung begründet.
Durch das geplante Joint-Venture käme es zu einer massiven Privilegierung der Unternehmen SRG, Ringier und Swisscom, welche über die vom System her bedingte Sonderstellung der SRG erheblich hinausgehen würde. Die Konsequenz bestünde in einer massiven Marktverzerrung, welche die übrigen Medien in ihrem Entwicklungs- und Entfaltungsspielraum massiv beeinträchtigen würde. Letztlich wären die Existenz der privaten Medien und somit die Angebots- und Meinungsvielfalt gefährdet.
Die am Zusammenschluss Beteiligten könnten von Daten, Know-How und den privilegierten Stellungen in Kernbereichen der Swisscom, SRG und Ringier profitieren. Ferner ist nicht auszuschliessen, dass neben der Zusammenlegung von Werbeaktivitäten auch Zugang zu gebührenfinanzierten SRG-Inhalt zu privilegierten Konditionen ermöglicht wird.
Zweifelsohne würde das neue Unternehmen in geplanter Form über eine Unique Selling Proposition verfügen. Dieser einzigartigen Position des neuen Unternehmens im Bereich Targeted- Advertising- und Mobile Advertising können Medienunternehmen und Vermarkter nichts Vergleichbares entgegensetzen.
Bei diesen Verhältnissen muss damit gerechnet werden, dass mittelfristig nur eine dominierende schweizerische Plattform für die Vermarktung im Bereich Online- und TV bestehen kann. Dies läuft dem Grundsatz des markwirtschaftlichen Wettbewerbs diametral entgegen. Eine Verdichtung des Medien- und Werbegeschäfts auf wenige marktmächtige Unternehmen ist weder im Interesse der Konkurrenten noch der Medienkonsumenten noch unserer demokratischen Tradition, für die Medienvielfalt unentbehrlich ist. Alleiniges Vertrauen auf den guten Willen der Geschäftspartner, die neue Vertriebsplattform auch Konkurrenten fair zu öffnen, ist bei einer so essentiellen Frage für andere Schweizer Medienhäuser nicht Garantie genug. Überdies lässt das bisherige Verhalten der drei künftigen Partner leider auch eher darauf schliessen, dass es sich bei dieser Eventualeinladung eher um leere Worte als redliche Absichten handelt.
Im Minimum klare Auflagen Sollt die Weko das Joint Venture nicht untersagen. In jedem Fall ist aber durch Auflagen sicherzustellen, dass das Gemeinschaftsunternehmen und die am Gemeinschaftsunternehmen direkt oder indirekt beteiligten Unternehmen keinerlei Daten/Nutzerprofile der anderen Projektpartner erhalten bzw. nutzen können oder nur dann, wenn sämtliche Daten/Nutzerprofile der Swisscom und SRG Dritten zeitgleich und zu gleichen Konditionen wie dem Gemeinschaftsunternehmen bzw. dessen Partnern zur Verfügung gestellt werden.
Der Bund muss auch sicherstellen, dass die von den Partnern des Gemeinschaftsunternehmens betriebenen Websites von den jeweils anderen Partnern keinen Content (bewegte/statische Bilder, News- Beiträge etc.) erhalten oder nur dann, wenn von der SRG und Swisscom produzierter Content Dritten zeitgleich und zu gleichen Konditionen zur Verfügung gestellt wird.
Die vom Gemeinschaftsunternehmen verkaufte Werbung darf bei der Verbreitung keinerlei Privilegien geniessen. (Netzneutralität) Die mit der Infrastruktur der Swisscom verbundenen Werbemöglichkeiten sind allen Interessierten zu gleichen Konditionen anzubieten. (Nicht-Diskriminierung)
Unzulässiges unternehmerisches Wagnis
Der VSM ist überzeugt, dass das geplante Joint-Venture ein unzulässiges unternehmerisches Wagnis darstellt, welches die Erbringung des Leistungsauftrags der SRG sowie den Service Public-Auftrag der lokalen Rundfunkveranstalter beeinträchtigt und die Unabhängigkeit der SRG gefährden würde.
Der VSM verlangt Parteistellung im Verfahren des UVEK und in diesem Zusammenhang Akteneinsicht unter Zubilligung einer substantiierten Eingabe nach erfolgter Einsicht in die Akten. Zudem soll im Falle der vollständigen oder teilweisen Ablehnung dieses Antrags eine beschwerdefähige Verfügung erlassen werden.
Unsere weiteren Forderungen bezüglich des Verfahrens des BAKOM:
1. Es sei der SRG im Sinne eines Verfahrensantrags zu untersagen, die beabsichtigte Kooperation mit Ringier und der Swisscom vor einem rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens zu vollziehen. Es sei im Falle der vollständigen oder teilweisen Ablehnung dieses Antrags eine beschwerdefähige Verfügung zu erlassen.
2. Es sei in der Hauptsache eine anfechtbare Verfügung zu erlassen, welche einem allfälligen Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung nicht entzieht.
3. Es sei in der Hauptsache der SRG, die Beteiligung an einem Joint-Venture mit Ringier und Swisscom im Vermarktungsbereich zu untersagen.
4. Eventualiter sei in der Hauptsache die Beteiligung der SRG an einem Joint-Venture mit Ringier und Swisscom im Vermarktungsbereich mit folgenden Auflagen zu versehen:
- Die SRG muss Gewähr dafür bieten, dass die neue Vermarktungsgesellschaft bei der Preispolitik marktkonform handelt, auf die Position der übrigen Medien, insbesondere der Presse, Rücksicht nimmt und die interne und externe Preispolitik einem Drittvergleich standhält.
- Es sei festzustellen, dass neue Werbeformen wie Targeting-TV dem Bundesrat vorgängig vorzulegen sind und der ordentliche Rechtsweg (Gesetzes- bzw. Verordnungsrevision sowie Konzessionsänderung) von der SRG über das Konstrukt der neuen Vermarktungsgesellschaft nicht unterlaufen werden darf. Der SRG sei das bereits öffentlich angekündigte Targeting-TV vorderhand zu untersagen.
- Die SRG muss Gewähr bieten, dass die neue Vermarktungsgesellschaft dieselben Werberestriktionen wie die SRG beachtet bzw. diese nicht umgeht, insbesondere im Online-Bereich.
- Die SRG muss Gewähr dafür bieten, dass die neue Vermarktungsgesellschaft die Bestimmungen der Art. 35 f. RTVG einhält, insbesondere die Pflicht zur Führung einer doppelten Buchhaltung (Ausscheidung der rein kommerziellen Aktivitäten beim Aufwand und Ertrag) und das Verbot der Quersubventionierung.
- Die SRG muss Gewähr dafür bieten, dass die neue Vermarktungsgesellschaft die Grundrechte im selben Ausmass beachtet wie die SRG. Insbesondere muss der Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Weitergabe von Daten und Inhalten sichergestellt werden.
- Die SRG muss mit allfälligen Dividenden der neuen Vermarktungsgesellschaft und anderen Mehrerträgen (im Vergleich zum Status quo) aus der Kooperation mit Ringier und Swisscom Rückstellungen bilden, welche zu einem späteren Zeitpunkt bei Festlegung der Gebührenhöhe berücksichtigt werden.
- Erträge aus der Vermarktung des Leistungsauftrags müssen ausschliesslich an die SRG fliessen und dürfen insbesondere nicht rein kommerzielle Aktivitäten quersubventionieren oder den Unternehmen Ringier und Swisscom zugute kommen. Die Vermarktung des Leistungsauftrags darf aus Transparenzgründen nicht in Bundles aus vermischten Angeboten von Ringier, Swisscom und SRG erfolgen.
- Der SRG wird untersagt, abgesehen von den Werbeassets eine Finanzierungspflicht zu übernehmen, weitere finanzielle Mittel oder Substanz in die neue Vermarktungsgesellschaft einzuschiessen (z.B. bei Sanierung, Verlust) oder Kapitalleistungen (für Akquisitionen oder Investitionen) zu tätigen.
- Verbot der Personalunion: Mitglieder der SRG-Generaldirektion oder andere Kadermitarbeiter dürfen nicht gleichzeitig im Verwaltungsrat in leitender Position bei der neuen Vermarktungsgesellschaft sein.
- Im Bereich des Leistungsauftrags muss vertraglich und/oder in den Statuten des Joint-Ventures sichergestellt werden, dass Ringier und Swisscom keinerlei Mitsprache zusteht.
- Der SRG wird untersagt, ihre Nutzungs- und Nutzerdaten in die neue Vermarktungsgesellschaft einzubringen. Subeventualiter sind diese Daten in gleicher Qualität sämtlichen Markteilnehmern auf Anfrage gratis abzugeben.