Roger de Weck: Verhandlungsbereit

  08. September 2016
Roger de Weck: Verhandlungsbereit

“Es bringt nichts, wenn wir uns schwächen.” In der aktuellen Situation der Digitalisierung müsse man sich gegenseitig stärken, sagte SRG-Generaldirektor Roger de Weck. “Dazu gibt es eine reale Utopie in der Westschweiz: RTS und die Privaten haben eine Charta der Zusammenarbeit unterzeichnet. Wenn die kleineren Veranstalter die Rechte für eine Fussballveranstaltung von der UEFA nicht erhalten, springt RTS ein. Dafür arbeitet man bei den Walliser Kuhkämpfen mit dem lokalen Sender Canal 9 zusammen. Die erfolgreichste Sendung, 26minutes, teilt am Vorabend der Sendung einen ausführlichen Teaser mit der Westschweizer Ausgabe von 20 Minuten.” Das seien Win-Win-Situationen, “dort müssen wir hin”, sagte De Weck. 

Die SRG sei wie die Post oder die Swisscom für den Service public als Unternehmen aufgestellt. Das Gesetz verlange, dass sie nach aktienrechtlichen Prinzipien geführt werde, und die Aufsichtsbehörde habe soeben jeden Stein umgedreht um zu kontrollieren, ob die SRG wirtschaftlich arbeite. 

Ob andere Modelle mehr Nutzen bringen, könne man immer diskutieren. Aber das müsse faktenbasiert passieren. So seien derzeit 22 Prozent der Vollkosten via Werbung refinanzierbar, nur gerade 13 Prozent beim Sport. Der Bundesrat konstatiere, dass selbst Publikumsmagnete nicht zu finanzieren wären. 

Dabei müsse die SRG die ganze Bevölkerung erreichen, nicht nur 2 Prozent wie das amerikanische PBS. Aber ohne die richtige Mischung im Programm werde man zum Spartensender – mit eben diesen Reichweiten. Es gehe nicht darum, anderes zu machen als die anderen, sondern es anders zu machen: Pas autre chause, mais autrement. Das Subsidiaritätsprinzip, die Rücksichtnahme auf die anderen Medien, werde eingehalten. Kein Privater würde zur besten Sendezeit eine Wirtschaftssendung ausstrahlen wie die SRG. Kein Radiosender wie SRF3 investiere in eine Vertiefungsrecherche, an der ein Redaktor zehn Tage gearbeitet habe.  Die SRG zeige gerade mal 1/16 der Zahl der Serien von S3. Dafür seien die eher der Kultur zuzurechnen denn der reinen Unterhaltung. 

“Viele der Vorschläge, die jetzt auf dem Tisch liegen, würden das Publikum wegbleiben lassen”, sagte de Weck, aber es sei klar, dass die SRG zur Erfüllung ihrer Aufgabe das Publikum erreichen müsse. Unterhaltung diene auch dazu, das Publikum zu den Informationssendungen zu führen. Als das “Telegiornale” Zuschauer verlor, strahlte man unmittelbar davor eine beliebte Quizsendung aus – und steigerte die Zuschauerzahlen damit um 7 Prozent. 

Die Hand sei ausgestreckt, sagte De Weck, die SRG bereit zu Kooperationen: Die SRG-Inhalte sollten punktuell ausgetauscht werden – “nach dem Prinzip Open Source wird’s nicht ganz funktionieren”, denn zu oft haben Dritte Rechte an den Sendungen oder Teilen davon.

Admeira sei ein Projekt gegen die internationale Konkurrenz, nicht gegen die inländische. Gerne werde sich die SRG am Zentrum für Medientechnologie an der ETH beteiligen, sie arbeite ausserdem an einem Inkubatorprojekt an der ETH Lausanne, bei dem er seinerseits die Mitarbeit von Tamedia und NZZ erwarte.  

Die SRG sei veränderungsbereit und wünsche sich das Gespräch. Beispielsweise auch als Reaktion auf die Bestrebungen in der Politik, den Leistungsauftrag vom Parlament beschliessen zu lassen, was auch nicht im Interesse anderer Redaktionen liege, denn die verfassungsmässig verbriefte Autonomie in der Programmgestaltung gehe die ganze Branche an. 

In der Westschweiz sei wie erwähnt ein Anfang gemacht, “Ich freue mich, wenn endlich das Gespräch mit den Verlegern in der Deutschschweiz anfangen kann. Die Hand ist ausgestreckt".

 

Video Referat Roger de Weck:

Interview Roger de Weck:

 

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