AKW-Betriebsdaten gemäss Bundesgericht von öffentlichem Interesse
27. November 2017
Das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ), welches den Transparenzgrundsatz in der Verwaltung verbrieft, ist nun seit mehr als 10 Jahren in Kraft. Und dennoch scheuen sich Amtsstellen und Betriebe mit öffentlichen Aufgaben oft,
Informationen über ihre Tätigkeiten offenzulegen. Journalisten und Private
müssen teils das gerichtliche Parkett aufsuchen, um ihre Rechte durchzusetzen.
Das Bundesgericht gab Greenpeace Ende September Recht: Das AKW-Leibstadt darf die Daten zur Abluft über dem Kamin nicht geheim halten. Das Bundesgericht hält diesbezüglich fest, dass an der Bekanntgabe der Abluftdaten ein erhebliches öffentliches Interesse besteht, zumal gasförmige radioaktive Emissionen eines Kernkraftwerks sich auf die Umwelt und den Menschen auswirken können. Dem Zugangsinteresse kommt in diesen Fällen ein besonderes Gewicht zu. Davor erstritt Greenpeace im April dieses Jahres vor dem Bundesverwaltungsgericht Zugang zu einem Bericht über Materialfehler im AKW-Beznau.
Das eidgenössische Nuklearaufssichtsinspektorat (ENSI), bzw. die AKW-Betreiber,
stellten sich in beiden Fällen auf den Standpunkt, es obliege ihrem freien Ermessen, ob sie Informationen zugänglich machen wollen. Aber die Zeiten der Geheimniskrämerei in Amtsstuben sind vorbei. Das BGÖ statuiert eine widerlegbare Vermutung zugunsten des freien Zugangs zu amtlichen Dokumenten – und dazu gehören Informationen über einen AKW-Betrieb. Der öffentliche Zugang ist nur ausnahmsweise einzuschränken, wenn die betroffene Amtsstelle den Nachweis erbringt, dass überwiegende öffentliche oder private Interessen an der Geheimhaltung dem Informationsanspruch entgegenstehen.
Vertragliche Geheimhaltungsklauseln alleine machen Informationen nicht zu Geschäftsgeheimnissen, die den Informationsanspruch der Öffentlichkeit zu beschränken vermögen. Vielmehr muss nachgewiesen werden, dass geheime Informationen über technische Verfahren oder organisatorische, kommerzielle und finanzielle Tatsachen den geschäftlichen Erfolg gefährden könnten. Nur wenn dieser Beweis erbracht werden kann, rechtfertigt sich die Informationsverweigerung oder Schwärzung entsprechender Passagen.
Als Informationsmittler und Watchdogs gehören Journalisten zu den Hauptadressaten des Öffentlichkeitsgesetzes. Journalisten sollen also bei ihren Recherchen ungeniert und hartnäckig bei kommunalen, kantonalen und eidgenössischen Behörden Informationen einfordern. Denn eine sorgfältige Recherche mit Originaldokumenten ermöglicht substantielle Berichterstattung. Und nur eine solche vermag die Erwartungen unserer Leser zu befriedigen und die Glaubwürdigkeit der Medien zu stärken – das höchste Gut in Zeiten von Fake-News.