Vom 24. – 26. April fand in Kopenhagen dieser, von WAN-IFRA durchgeführte Kongress statt. Über 350 Teilnehmer aus Europa, USA, Kanada und Asien fanden eine hervorragend organisierte Plattform um von Fachleuten und Experten über die neusten Entwicklungen und Trends rund um neue Geschäftsfelder im digitalen Publishing zu erfahren. Hier sei lediglich auf einige, für Schweizer Verhältnisse aufschlussreiche Referate hingewiesen. Die volle Agenda mit Programm und Referaten findet sich am Schluss.
Othmar Fischlin, Leiter MEDIENINSTITUT
Reader Revenue Reloaded
Der unter diesem Label stehende Auftakttag zeigte eindrücklich, wie sich Verlagshäuser in Europa mit neuen Paid-Content-Ansätzen die Vorteile der digitalen Transformation zu Nutzen machen können.
So ist z.B. Vocento, als grösste Multimedia-Kommunikations-Gruppe in Spanien mit ihrem beachtlichen Regionalpresse-Portfolio, äusserst erfolgreich mit einem «Digital-Kit» welches sie ihren Regionalkunden zur Verfügung stellt. Damit können sich Werbekunden selbst ihr Dashboard zusammenstellen mit intelligenten Couponing-, Cashback- und Online Reservations- bzw. Buchungs-Tools.
ZEIT ONLINE weist eindrückliche Steigerungsraten bei der digitalen Auflage und Nutzerschaft, wie auch beim durch digitales Geschäft generierten Umsatz auf. ZEIT ONLINE weist heute die höchste Digital-Leserschaft bei der Bevölkerung unter 29 Jahren in Deutschland auf. Die strategische Ausrichtung auf die Kerngruppe der Studierenden und Millenials zahlt sich aus. Unter Zeit-Campus werden z.B. vielfältige Services für die Studien- und Berufswahl zur Verfügung gestellt. Vom Uni-Ranking über den Studien-Interessenstest bis hin zu Berufs-Einstiegs-Tips wird hier stark auf das Community-Setting hingewirkt und mit gut besuchten Events begleitet.
Amedia Norwegens grösstes Regionalmedienhaus, kann beachtliche Zahlen vorweisen beim Zuwachs digitaler Nutzer und Abonnenten. Durch ein klug ausbalanciertes Verhältnis von Paid- und Free-Content gelingt es, über das gesamte Portfolio von mehr als 60 Lokaltiteln hinweg, die Reichweite und Nutzerschaft stark und konstant auszuweiten. Jedem Print-Abonnenten wird Zugang zum gesamten Online-Content gewährleistet und zusätzlich erhält er 5 kostenlose Accounts, welche er innerhalb seiner Familie oder Freundeskreis für einen freien Zugang während einer bestimmten Zeit zur Verfügung stellen kann. Für die Redaktionen wird die Nutzung der einzelnen Bereiche und Inhalte ständig getrackt so dass jeder Journalist über einen regional ausgerichteten Seismographen verfügt, der die Bedürfnisse und das Verhalten seiner Leser aufzeigt.
Reclaiming the Premium Ad Market
Die Referate des zweiten Tages waren vor allem auf den Werbemarkt gerichtet. Vom IAB Tech Lab wurde auf die neuen Standards bei den Formaten hingewiesen https://www.iab.com/guidelines/ bei denen darauf geachtet wurde, dass die Anzahl reduziert, diese aber flexibler gehandhabt werden können und sich an einer schlanken Richtlinie orientieren. Leitmotiv dabei: «Wir müssen den User behalten; wir dürfen ihn nicht stören...»
Das Thema Native-Advertising oder Content Marketing wird bei verschiedenen Grossverlagen strategisch stark vorangetrieben.
International aufgestellten Verlagen mit High-End Magazinen wie z.B. Condé Nast (4 Mio. Leser, 7 Mio. User) gelingt es, hoch attraktive Kundenlösungen zu entwickeln für Premium Advertiser. Einer Agentur gleich, wird für Werbekunden White-Label-Content produziert, welcher unter Einbezug der gesamten Infrastruktur aus Verlag und Redaktion zu attraktiven Konditionen angeboten werden kann. Rund 50% des Erlöses stammt heute aus dem klassischen Display-Geschäft, die andere, stark wachsende, Hälfte bereits aus den «Branded-Content-Solutions».
La Factoria ist ein auf die spanische Welt fokussiertes Unternehmen, welches Branded-Content-Lösungen für Werbekunden von Prisa, eine der grössten spanischen Mediengruppen (u.a. El Pais, Diario AS, Cinco Dias) herstellt. La Factoria beschäftigt ein Team von über 60 Spezialisten. Mit Journalisten, Designern und Data-Analysten werden Tailor-Made-Lösungen für grösste spanische und internationale Brands entwickelt. Der Umsatz im Digitalgeschäft konnte in den letzten fünf Jahren von unter 30, auf 55% gesteigert werden. Grundbedingungen ihres Geschäftsmodells sei hochwertiger Mediencontent, eine flexible Redaktion sowie ein ausgeklügeltes Traffic-Messsystem, das Kunden Planungssicherheit verspricht.
Vermarktung und Verlags-Services
In verschiedenen europäischen Märkten entstehen neue Vermarktungsallianzen oder bestehende weiten ihren Aktivitätsradius aus im Bereich des digitalen Mediencontents und für Verlags-Services. Es zeigt sich, dass die Skaleneffekte durch gemeinsame Vermarktung gross und die Investitionen in gemeinsame Plattformen so besser tragbar sind.
Der Online-Marketing-Service OMS in Deutschland bündelt ein breites Inventar aus verschiedenen Medienhäusern in den Bereichen Display, Mobile und Bewegtbild und bietet damit dem Werbemarkt attraktive Crossmedia-Lösungen.
Alma Media in Finnland bearbeitet erfolgreich den finnischen, schwedischen und die baltischen Märkte mit Verlags- und Werbemarkt-gerichteten Services und Programmatic-Dienstleistungen (Automated Guarenteed Marketplace).
Styria Digital One ist Österreichs führende Online-Vermarktungsgemeinschaft, und operiert erfolgreich als Tochter der Styria Media Group neben Österreich auch in Kroatien und Slowenien.
Fazit
Es besteht berechtigte Hoffnung, dass sich in der Medienwelt mehr und mehr neue und erfolgreiche Geschäftsmodelle etablieren lassen, die für innovative Akteure bereits nachhaltigen Erfolg bringen und aufzeigen, dass die digitale Transformation auch ein lukratives Operieren mit einer Paywall ermöglicht.
Das Thema Bewegtbild oder Video-Content hat sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung gezogen. Erfahrungswerte zeigen immer deutlicher, dass zur Ansprache von neuen und vor allem jungen Mediennutzern, Video ein hochattraktives Format darstellt welches in Verbindung mit textbasierten Inhalten z.B. beim Einsatz auf sozialen Medien seine Stärken ausspielen kann (85% der Facebook-User schauen ohne Ton...).
Hier finden Sie das Programm und die Liste der Referenten.