Gilbert Bühler und Ulrich Hurni: Geben und Nehmen

  17. November 2017
Gilbert Bühler und Ulrich Hurni: Geben und Nehmen

Die indirekte Presseförderung, die Subventionierung der Post durch den Bund zugunsten kleinerer regionaler Zeitungen, ist für die Verleger lebenswichtig, sagt der CEO der Freiburger Nachrichten, Gilbert Bühler. Sie sei um einen unbestimmten Betrag aufzustocken. Für die Post wiederum ist die Auslieferung der Periodika ein lebenswichtiger Aufgabenteil, erklärt der Stellvertretende Konzernleiter der Schweizerischen Post, Ulrich Hurni. Trotzdem sind Post und Verlage nicht ein Herz und eine Seele.  

Es sind insgesamt 146 Regional-und Lokalzeitungen, die vom Bund jährlich mit 30 Millionen Franken durch eine vergünstigte Zustellung durch die Post AG gefördert werden. Die Bedingung: Ihre Auflage darf nicht grösser sein als 40’000 Exemplare und 50 Prozent des Inhalts muss redaktioneller Natur sein. 

Für die Verlage, namentlich die regionalen, ist diese Unterstützung von grosser Bedeutung, sagt Gilbert Bühler: Allen Wachstumsszenarien der digitalen Welt zum Trotz lesen noch immer mehr als 80% der über 14Jährigen Zeitungen. Allerdings stört sich Bühler daran, dass die Post bei der Auslieferung der Zeitungen in den letzten zehn Jahren dreimal je zwei Rappen teurer geworden sei, während die stark rückläufige Briefzustellung gleich teuer bleibe. 

Eine Redaktionsstelle pro Aufschlag
Ein Aufschlag von 2 Rappen pro Zeitung verursache Kosten in der Höhe eines Redaktorenpostens; zwar sänken die Werbeeinnahmen in der regionalen Presse weniger rasch als bei der nationalen, aber mit steigenden Zustellkosten könnten auch die kleineren Zeitungen ihren privaten Service Public bald nicht mehr ohne Abstriche leisten.  

Die Post, wirft Ulrich Hurni ein, sei als einziger Auslieferer, der jeden Haushalt sechsmal wöchentlich erreicht, der einzige mögliche Partner für die Verleger. Aber sie betreibe ein Massengeschäft, und weil die Masse zurückgeht, müsse auch die Post effizient und innovativ bleiben. Die Vollkosten der Zeitungsauslieferung seien nicht mehr gedeckt gewesen, nachdem der Bund die Zuschüsse von einst 100 Millionen auf dreissig gekürzt habe; die Verteuerung um insgesamt 6 Rappen pro Zeitung über drei Jahre hinweg entspreche einer Preiserhöhung von 6 Franken auf dem Abonnement der Freiburger Nachrichten – für die Kunden wohl verkraftbar. 

Die indirekte Presseförderung sei ein funktionelles Modell, die Post habe dabei keinen Entscheidungsspielraum: Wenn die Menge der Zeitungen sinke und die Zahl der zu beliefernden Haushalte, dann stiegen die Kosten für die Post. Das gehe für die Zeitungsverleger deswegen nicht auf, weil sie zu Vollkosten belastet würden, obwohl sie einen wesentlichen Beitrag an die Deckungskosten leisteten – nur um danach von der Post mit Angeboten zur Verteilung von Werbeprospekten zu Grenzkosten-Tarifen konkurrenziert zu werden: Inzwischen biete die Post über ihre Tochterfirma TNT Preise an, bei denen die Zeitungen mit Einsteck-Prospekten nicht mehr mithalten könnten. «Hier konkurrenziert uns der Staat, und das schmerzt», sagte Bühler. 

Post schlimmer als Google und Co
In den Regionen sei die Post mit diesen Angeboten der grössere Konkurrent für die Zeitungen als Google und Co. Und das, obwohl die Posttarife regional unabhängig auf dem Niveau der Agglomerationen liegen müssten. Deswegen seien die Verleger bis vor Bundesgericht gegen die Post vorgegangen. 

Im Gesetz stehe aber auch, so Hurni, dass die Tarife nach wirtschaftlichen Grundsätzen festzulegen seien – die Entscheidung liege jetzt beim Bakom. Schliesslich bezeichnete Hurni den Werbemittel-Konkurrenzkampf als althergebracht. Er habe immer schon gespielt und die Post sei angesichts von 50 und mehr Prozent Stopp-Klebern an den Briefkästen nicht mehr im gleichen Markt wie die Zeitungen unterwegs. 

Für Bühler steht dennoch fest, dass die indirekte Presseförderung zu erhöhen ist, und er gibt eine Grössenordnung an: Wenn Radio Freiburg 2.4 Millionen aus den Gebühren erhalte und die Post für die Verteilung seiner Zeitungsprodukte umgerechnet eine Million, dann seien die Zeitungen unverhältnismässig günstig, «und ich sage es ohne rot zu werden: Unsere redaktionelle Leistung liegt weit über der eines Lokalradios.» 

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