Gegendarstellungen kann man beim Presserat nicht einfordern
19. Februar 2018
Ein Beschwerdeführer machte im Verfahren gegen die AZ-Medien (Nr. 43/2017) vor dem Presserat die Verletzung folgender Pflichten geltend: Wahrheitspflicht, Unterschlagen wichtiger Informationen und Vereitlung des Anspruchs auf Berichtigung. Weiter forderte der Beschwerdeführer eine Gegendarstellung.
Die Selbstregulierungsorganisation wies die Beschwerde in sämtlichen Punkten, die den Inhalt des Artikels und das journalistische Handwerk betroffen haben, vollumfänglich ab. Der Presserat begründet im Wesentlichen, dass die Rechte des Betroffenen nicht verletzt seien, weil seine Argumente zum Sachverhalt aufgrund von Email-Korrespondenz bekannt waren und der Sachverhalt im Blatt richtig dargestellt worden sei.
Auf die letzte Forderung ist der Presserat nicht eingetreten. Schliesslich ist der Presserat für die Beurteilung von Gegendarstellungsbegehren nicht zuständig. Der Presserat darf diesbezüglich nämlich keine rechtswirksamen Verfügungen erlassen, die mit staatlichem Zwang durchgesetzt werden könnten und eine Zeitung rechtsverbindlich verpflichten würden, eine Gegendarstellung abzudrucken. Ebenso wenig könnten solche Entscheide an eine übergeordnete Instanz weitergezogen werden. Es ist daher richtig, dass der Presserat auf das Begehren nicht eingetreten ist und auch keine Empfehlung abgegeben hat.
Das austarierte System zwischen Selbstregulierungsorganisationen und staatlichen Behörden gehört zum modernen Rechtsstaat. Selbstregulierungsorganisationen ermöglichen einen einfachen Zugang zum Recht sowie zu den Fachkenntnisse der urteilenden Personen. Überdies sind die Verfahren kostengünstig und weniger formell. Hoheitliches Handeln gehört nicht dazu – Zwang und Verfügungsmacht sind im Rechtsstaat, den Gerichten und den Behörden vorbehalten, die demokratisch legitimierte Gesetze anwenden und der Gewaltentrennung unterstellt sind. Und das ist richtig so.
Mirjam Teitler, Rechtskonsulentin des Verbands Schweizer Medien