von Andrea Masüger
Die Wettbewerbskommission (Weko) untersucht derzeit mehrere Fälle von Medienzusammenschlüssen in der Schweiz. Es geht dabei vor allem um Zeitungen, die von anderen Verlagshäusern übernommen werden («Basler Zeitung» durch Tamedia, die den «Tages-Anzeiger» herausgibt) oder um neuartige Zusammenarbeitsformen (Joint Venture zwischen den Regionaltiteln der NZZ und der AZ Medien). Monatelang wird in den kleinsten Verästeltungen abgeklärt, ob solche Zusammenschlüsse den Markt negativ beeinflussen könnten.
Doch um welche Grössenordungen geht es? Tamedia erzielt einen Jahresumsatz von knapp einer Milliarde Franken, Tendenz leicht abnehmend. Der jährliche Werbeumsatz von Presse, Radio, TV und Online in der Schweiz liegt heute bei etwa vier Milliarden, Tendenz abnehmend. Der Werbeumsatz der Presse macht gerade noch mal 1,1 Milliarden aus, Tendenz abnehmend. Die SRG kommt mit Gebühren und Werbeeinnahmen auf rund 1,5 Milliarden, Tendenz abnehmend. Der Umsatz von Google und von Facebook in der Schweiz wird dieses Jahr auf gut zwei Milliarden geschätzt, Tendenz stark und schnell steigend.
Google und Facebook erzielen also im Alleingang einen Konzernumsatz, der dem Doppelten des gesamten schweizerischen Presseumsatzes mit Werbung entspricht und die Hälfte der gesamten Werbeeinnahmen von Presse, Radio, TV und Online ausmacht. Der Bundesrat schreibt im Bericht zum neuen Mediengesetz, die Nutzungsdauer der Angebote von Google, Facebook, Youtube, Instagram und WhatsApp in der Schweiz sei vier Mal länger als jene der fünf am häufigsten genutzten Internetseiten der Schweizer Medien zusammen. Dies zeige in welchem Konkurrenzumfeld sich die einheimischen Medien mittlerweile befänden.
Noch Fragen? Die Wettbewerbskommission kümmerts nicht, sie klärt weiterhin ab, ob eine Fachzeitschrift im Aargau irgend ein Monopol errichten könnte. In einem Interview mit dem Medienportal «persönlich» hat der CEO von Tamedia, Christoph Tonini, am Montag Klartext gesprochen. Die Weko agiere weltfremd, sagt er: «Da frage ich mich schon, ob die Kommission wahrnimmt, dass wir alle in der Schweiz bereits heute Zwerge sind gegen diese Internet-Giganten.» Die Schweizer Medien könnten es nicht schaffen «gegen diese enorme multinationale Übermacht». Wenn Amazon in den Markt eintrete, seien die Schweizer Medien noch schneller weg vom Fenster.
Offen bleibt, ob die Weko zur Vernunft kommt. Sonst wird der reine Wettbewerb am Schluss die freien Schweizer Medien auf den Friedhof geleiten.
Erschienen in den Zeitungen Südostschweiz und Bündner Tagblatt vom 8.8.2018
Weiterführend: Weko: Drei Zusammenschlüsse, drei vertiefte Prüfungen