Sehr geehrte Frau Bundesrätin Leuthard

  27. Juni 2018

Editorial Juni-Newsletter 2018

Sie haben es wieder getan. In der Pressekonferenz zum neuen Mediengesetz haben Sie der Schweizer Medienbranche mangelnde Innovationskraft vorgehalten.

Das stimmt natürlich überhaupt nicht. Die Medienbranche war vor gut 25 Jahren eine der allerersten, die sich der Digitalisierung angenommen hat. Hier die Website der NZZ aus dem Jahr 1996. In all den Jahren haben die Unternehmen viel ausprobiert, investiert und Erfolgreiches geschaffen.

Die Medienhäuser haben dabei einen neuen Mix an Kompetenzen in der publizistischen Arbeit und in der Technologieentwicklung erarbeitet. Angebote wie Watson, die machine-learning-basierte Paywall der NZZ, die 20-Minuten-App mit seinen Social-Elementen oder auch die Bürgerplattform Petitio aus dem Hause AZ sind nur ein paar Beispiele für die Innovationsstärke der Branche. Dazu musste der Staat bisher keinen Franken beisteuern.

Über das neue Mediengesetz will der Staat die Medienbranche in der Transformation unterstützen. Die Presse wird dabei nicht berücksichtigt. Das ist falsch.

Die Presse wird mit der einseitigen Bevorteilung der elektronischen Medien weiter unter Druck gesetzt. Zeitungen sind die unbestrittene Nummer eins für die Meinungsbildung vor Abstimmungen. Das belegt die VOTO-Erhebung (Seite 14, unten) zum Abstimmungssonntag vom 4. März einmal mehr. Die Presse ist also systemrelevant.

Wie schon im Mai-Newsletter beschrieben, verlangt der VSM eine ausgewogene Förderung - abgestimmt auf die Bedeutung der Mediengattung.

Wir fordern, das bewährte Instrument der indirekten Presseförderung auszubauen. Über die Ausweitung auf alle Bezahlzeitungen werden bei den Medienhäusern Mittel frei für die digitale Transformation. Konkret ist dies wie folgt umzusetzen:  

  • Aufhebung der bisherigen Auflagenbeschränkungen
  • Vergütung nicht nur für die Tages- sondern auch für die Frühzustellung
  • Abstufung der Unterstützung zwischen kleineren und grösseren Zeitungen
  • Finanzierung aus Überschuss der Haushaltsabgabe (Billag-Gebühr)
  • Berücksichtigung im Mediengesetz

Dies macht eine Erhöhung des Gesamtbetrages von heute lediglich 30 Millionen nötig. Wir wollen bei der Finanzierung niemandem etwas wegnehmen - nicht der SRG und auch nicht den Privaten Radio-/TV-Sendern. Das Geld ist vorhanden.

Diese Mittel sind eine direkte Investition für eine auch zukünftig prosperierende Demokratie auf lokaler, kantonaler und nationaler Ebene mit einer indirekten Massnahme, die keinerlei Einfluss auf die redaktionelle Leistung nimmt.

Sehr geehrte Frau Bundesrätin Leuthard: Unterstützen Sie die demokratierelevante Presse im digitalen Wandel, damit sie weiterhin selbständig innovativ sein kann.

Mit freundlichen Grüssen

 

 

Andreas Häuptli
Geschäftsführer