Optimistischer Ausblick für 2019
Vor 20 Jahren fand die Dreikönigstagung der Schweizer Presse erstmals statt. Damals brummte die Branche und die Stimmung war bestens. Heute brummt es gar nicht mehr – doch zum Jubiläum herrschte dennoch Aufbruchsstimmung. Die Teilnehmer jammerten nicht, sondern zeigten verhaltenen Optimismus und vor allem neue Ansätze zur Bewältigung der Krise.
Mediendoyen Toni Vetterli hat es schon am Morgen bemerkt: "Die Stimmung ist anders als noch vor einem Jahr." Marianne Läderach, die frischgewählte Leiterin des Medieninstituts, bestätigt: "Am Swiss Media Forum letzten Herbst in Luzern war schon etwas Optimismus da. Und heute habe ich den Wandel ganz deutlich gespürt." Und Tagungs-Moderator Matthias Ackeret, Chefredaktor und Verleger der Persönlich Verlags AG, konstatierte am Abend: "Eigentlich habe ich heute bleierne Depression erwartet. Aber es kam ganz anders!"
Es bewegt sich etwas in der Schweizer Medienszene, die Schockstarre scheint überwunden. An der traditionellen Dreikönigstagung war das erstmal seit Jahren nicht mehr Klagen und Orientierungslosigkeit an der Tagesordnung, sondern ein selbstbewusster Optimismus, die anstehenden Probleme lösen zu können. Unbestritten ist allen klar, dass die Zeiten noch immer hart sind, doch die Rezepte dagegen kristallisieren sich langsam heraus. Und wohl das Wichtigste: Es herrschte ein überraschend positiver Grundton – «Chance» war ein vielbenutztes Wort an der Veranstaltung der Schweizer Medien in Zürich.
Anlass zu grosser Hoffnung
Die rund 200 anwesenden Verlags- und Medienleute bekamen zum Thema «Chancen» auch einiges vorgesetzt. Pietro Supino, Präsident Verband Schweizer Medien und Verleger Tamedia konnte schon in der Begrüssungsansprache Positives feststellen: «Ich bin überzeugt, dass es ein Bedürfnis nach gutem Journalismus gibt und auch eine Zahlungsbereitschaft dafür. Die neusten Entwicklungen geben Anlass zu grosser Hoffnung.» Seiner Meinung wird 2019 ein gutes Jahr. «Ich sehe, dass wir uns alle verändern, uns neu erfinden. Es ist viel gegangen in den letzten zwei Jahren, und die Unternehmen haben verstanden, wo sie ansetzen müssen. Ich bin überzeugt, dass wir am Ende des Jahres besser dastehen als heute.»
Mehr Zusammenarbeit der Verlage
Auch Felix Graf, seit einem halben Jahr CEO der NZZ-Mediengruppe, sieht die Zukunft besser als auch schon. Er präsentierte vier Megatrends, die aus seiner Sicht im Moment anlaufen: Erstens beginnt Bezahlung für Medien im digitalen Bereich zu greifen. «Im Ausland gibt es immer mehr Beispiele, bei denen das funktioniert. Davon haben wir vor vier, fünf Jahren nur geträumt.» Zweitens können die Verlage dank den vielen Daten Ihrer Kunden die Produkte künftig besser und vor allem auch personalisierter ausrichten. Graf sieht die digitale Welt zudem als grosse Chance, neue Medienformate zu kreieren. Zum Beispiel entwickelt die NZZ das Projekt «Text to Speech», bei dem der gesamte Inhalt einer Zeitung automatisch als Podcast angeboten werden kann. Und nicht zuletzt nehme das Interesse an neuen digitalen und interaktiven Erzählformaten stark zu. Wie auch Supino betonte Graf, dass die Schweizer Medienhäuser in Sachen Technik und Bezahlmodelle künftig deutlich mehr zusammenarbeiten müssen und dies auch werden. Die am letzten Swiss Media Forum präsentierten Idee der Login-Allianz scheinen also sehr konkret zu werden. Damit rückt ein gemeinsames Login auf den Web-Portalen der Verlage und der SRG immer näher.
Auch der Blick über die Grenzen zeigt, dass mit einer neuen Ausrichtung Verlage durchaus Erfolg haben können. Das zeigte Greg Piechota vom Reuters Institute und Dozent an der University of Oxford in seinem Vortrag. Eindrücklich legte er dar, wie Verleger mit einem neuen Ansatz, vielen Ideen und viel Fantasie durchaus grosse Erfolge feiern können. Wichtig dabei sei aber, dass sich die Verlage von ihren alten Geschäftsmodellen definitiv verabschieden.
Dies fordert die Swisscom auch im Werbemarkt, was aus der Befragung von Achill Prakash, dem Head of Marketing Communication der Swisscom durch Marcel Kohler, Leiter Werbung und Pendlermedien von Tamedia, herauszuhören war. Wie genau die neu angedachte Zusammenarbeit im Contentbereich aussehen soll, konnte Prakash aber nicht allzu präzise darlegen.
Pfisters Highlight
Die Dreikönigstagung 2019 bot aber neben Ausblicken auf eine bessere Zukunft noch weitere Highlights. Wie die launige und humorvolle Rede von Gerhard Pfister, Nationalrat und Präsident CVP Schweiz. Pfister hielt den Verleger mit vielen philosophischen Gedanken und literarischen Zitaten den Spiegel vor, unterstützte aber auch Supinos Forderung voll und ganz, die staatlichen Zuschüsse für vergünstigte Zeitungszustellung von 50 auf 120 Millionen Franken pro Jahr zu erhöhen.
Die abschliessende Talk-Runde mit Judith Wittwer (Chefredaktorin Tages-Anzeiger), Sidonia Küpfer, (Redaktionsleitung Schaffhauser Nachrichten), Luzi Bernet (Chefredaktor NZZ am Sonntag) und Roger Köppel (Verleger und Chefredaktor Weltwoche) war passend zur Tagungs-Grundstimmung äusserst konziliant und von gegenseitigem Respekt geprägt.
Spätestens dann war es klar: Es scheint sich wirklich etwas in den Schweizer Medien verändert zu haben.
Jean-Pierre Ritler
Bildergallerie Dreikönigstagung 2019
© KEYSTONE-SDA / Gaëtan Bally