Erfolgreiches erstes Jahr des Media Technology Centers der ETH

  27. Juli 2020

Das Media Technology Center (MTC) wurde im März 2019 als Teil der ETH Media Technology Initiative gegründet. Es führt das Beste aus Wissenschaft und Industrie zusammen, um die technologische Innovation für die Medien von morgen voranzutreiben. Nun wurde der erste Jahresbericht veröffentlicht.

Zusammensetzung und Budget
Das MTC wird von einem Komitee aus 14 Experten aus der Medienbranche und Akademikern geleitet. Diese trafen sich 2019 dreimal, um die strategische Richtung und die ersten Projekte festzulegen. In den ersten 10 Monaten lag der Fokus vor allem darauf, starke Grundlagen für Projekte mit Branchenpartnern zu schaffen, ein erstes Projekt-Portfolio zu erstellen und den Austausch zwischen Studenten, Forschern und Branchenexperten zu fördern.

Das Budget des Centers für die nächsten fünf Jahre beträgt jeweils 1 Million CHF pro Jahr. 2019 stellte das Center die ersten acht Angestellten ein (7.3 Vollzeitäquivalente). Das Team besteht aus internationalen Forschern (Postdocs, Forschungsingenieure und ein Doktorand). Sie bringen Erfahrungen in den Bereichen Computer Vision, Computergrafik, natürliche Sprachverarbeitung, Empfehlungsdienst und Machine Learning mit.

Wissensvermittlung
Ein voll ausgebuchtes Seminar führte 24 Computerwissenschaft-Studierende in vorher genannte Themenfelder ein und zeigte ihnen auf, welche Möglichkeiten sich für die Branche und Mediennutzer bieten. Im Herbstsemester hat das MTC zudem eine sechsteilige, öffentliche Vorlesungsreihe mit sechs gut besuchten Vorträgen dargeboten. Experten teilten ihr Wissen und ihre Erfahrung an der Schnittstelle von Technologie, Journalismus und Design.

Projekt-Portfolio 2019
Anfangs Jahr ergaben die Workshops mit allen Branchenpartnern 13 Projektvorschläge. Drei wurden ausgewählt, basierend auf der wissenschaftlichen Qualität, Relevanz für die Branchenpartner und den unternehmensübergreifenden Vorteilen.

Freihändige Mediennutzung durch Augmented Reality (AR): Integration von Medieninhalten in den öffentlichen Raum
Smart Glasses und Augmented-Reality-Headsets bieten den Medienkonsumenten radikal neue Möglichkeiten. Die Einbettung von Medien in die reale Welt ermöglicht immersive Erfahrungen, die Information auf eine kontext- und ortsbezogene Art darstellen und eine reichhaltige freihändige Medienerfahrung erlauben. Das MTC arbeitet beispielweise am „Augmented Paradeplatz“ in Zürich. 2019 wurde eine Pipeline zur Erstellung von Inhalten eingerichtet, die es jedem erlaubt, reichhaltige AR-Inhalte auf dem Paradeplatz zu kreieren. Darüber hinaus entwickeln sie ein System, das automatisch flache 2D-Inhalte (Artikel, Tickers, Ads) als virtuelle Billboards in die reale Welt platziert. Dabei wird die 3D-Geometrie eines Ortes berücksichtigt, wo der Nutzer steht und wo die Inhalte am besten sichtbar sind. Das MTC hat einen ersten Prototyp mit einem reaktionsschnellen Design entwickelt.

Erster „schwiizerdütsche“ Sprachassistent
Sprachassistenten werden an der Schnittstelle von Mensch und Computer immer wichtiger. Millionen Nutzer gebrauchen sie bereits, um Informationen über das Wetter oder den Verkehr zu erhalten, die Nachrichten zu hören, Musik abzuspielen und ihr Smart Home zu steuern. Aber keiner der heutigen Sprachassistenten spricht oder versteht die vielen Dialekte der Schweiz, weshalb es sich unnatürlich anfühlt, mit ihnen zu kommunizieren. In diesem Projekt entwickelt das MTC den ersten Sprachassistenten, der verschiedene Schweizer Dialekte spricht. 2019 wurde bereits ein Prototyp erstellt, der fliessend „Bärndütsch“ redet. Im Moment werden Systemverbesserungen vorgenommen, die eine Synthese von verschiedenen Sprechern desselben Dialekts erlauben. Zusätzlich werden Daten von Schweizerdeutsch sprechenden Personen gesammelt. Dieser Korpus wird die umfassenste öffentlich zugängliche Datensammlung von schweizerdeutschen Aufnahmen mit gelistetem Text.

Datamining: Lernen von Datenmustern aus verschiedenen Quellen
Die Medienhäuser verlassen sich immer mehr auf Machine-Learning-Modelle, um ihren Inhalt besser und personalisierter auf ihre Nutzer zuzuschneiden. Machine Learning wird von der Menge und Qualität der verfügbaren Daten vorangetrieben. Obwohl es heute reichlich Daten gibt, werden diese in Datensilos gespeichert und können nicht unter Firmen geteilt werden. „Föderales Lernen“ (Federated Learning) hat das Potential, es Firmen möglich zu machen, Machine-Learning-Modelle in Zusammenarbeit zu entwickeln, ohne die Daten zu irgend einem Zeitpunkt zu teilen. In diesem Projekt wird ein Prototyp eines Federated-Learning-Systems für die Medienpartner des MTC entwickelt, um bessere Artikelempfehlungen und Algorithmen zu erschaffen, um die User zu verstehen. 2019 wurde der grundlegende Rahmen gesetzt und das MTC ist dabei, erste Machine-Learning-Modelle mit zwei der Branchenpartner zu entwickeln.

Studentenprojekte
18 Studenten haben 2019 an ihren Bachelor- oder Masterarbeiten unter dem Schirm des MTC geschrieben. Acht davon haben diese bereits 2019 beendet. Mit frischen Ideen und einem starken technischen Hintergrund haben die Studenten aufregende Prototypen für verschiedenste neue Anwendungen entwicklet. Ein Showcase-Event für die Präsentation der Arbeiten wurde am 23. Januar 2020 durchgeführt.

Hier den Jahresbericht des MTC downloaden (Englisch)