Zeitungssterben hat weitreichende Folgen
15. Juli 2020
In den USA grassiert das Zeitungssterben. Ganze Landstriche haben keine lokale Berichterstattung mehr. Die Auswirkungen gehen weiter als zuerst vermutet.
Die Berichterstattung einer Zeitung hat Einfluss auf ihr Erscheinungsgebiet. Diese intuitive Aussage wird unter anderem von einer Studie der Universität Zürich gestützt, wonach die politische Partizipation zurückging, wo nicht mehr über das Lokalgeschehen berichtet wurde.
Eine neue Untersuchung der Universität Carolina (UNC) mit dem Titel «NEWS DESERTS AND GHOST NEWSPAPERS: WILL LOCAL NEWS SURVIVE?» zeigt noch drastischere Auswirkungen des Verschwindens von lokalen Zeitungen auf, welche durch die Corona-Krise noch stärker unter Druck geraten sind, als es diese ohnehin schon waren.
Seit dem letzten Report der UNC («The Expanding News Desert») im Jahre 2018 sind in den USA 300 Zeitungen eingestellt worden, was einer Auflage von 5 Millionen Exemplaren entspricht. Geht man 15 Jahre zurück, haben die Vereinigten Staaten rund einen Viertel der Zeitungen (2100 Titel) verloren. Insbesondere die wirtschaftlich schwach aufgestellten Regionen hat es besonders hart getroffen. Mit den ökonomischen Auswirkungen der Corona-Pandemie hat sich diese Tendenz zudem massiv beschleunigt. Allein in den Monaten April und Mai 2020 schlossen oder fusionierten 30 Titel.
Diese rasant zunehmenden «Newswüsten» haben weitreichende Folgen. Heute gibt es nur noch halb so viele Zeitungsjournalisten wie Anfang der 2000er-Jahre. Gleichzeitig haben zwei Drittel der kommunalen Verwaltungsbereiche («Counties») höchstens eine wöchentlich erscheinende Zeitung. Dies schlägt gemäss den Studienautoren auf die soziale Kohäsion, auf das Vertrauen in die Demokratie und – was die Corona-Pandemie schonungslos aufgezeigt hat – auf die Gesundheit der Bevölkerung. Denn wo eine vertrauenswürdige Informationsplattform fehlt, haben Verschwörungstheorien und falsche (oft schädliche) Informationen ein leichtes Spiel: gepaart mit den ohnehin kritischen Zuständen dieser Regionen (deren Bevölkerung in der Tendenz viel ärmer, älter und schlechter gebildet ist) ein Albtraum für das Krisenmanagement.
Diese Lücken in der Medienlandschaft zu füllen gestaltet sich sehr schwierig. Auch rein digitale Angebote haben hohe Fixkosten, was in den lokalen Einzugsgebieten den Aufbau einer profitablen Publikation erschwert. Gleichzeitig werden diese Newcomer von den digitalen Schwergewichten wie Facebook und Google bedrängt. Vielerorts bleiben die verbleibenden Zeitungen auf absehbare Zeit die einzige Quelle für lokale Berichterstattung.