Stellungnahme zur Gründung der «IG Kleine und Mittlere Verlage»

  05. Februar 2021
Stellungnahme zur Gründung der «IG Kleine und Mittlere Verlage»

Stellungnahme des Präsidiums des Verlegerverbandes Schweizer Medien (VSM)
zur Gründung der «IG kleine und mittlere Verlage»

Aus den Reihen unseres Verbands hat sich eine «IG kleinere und mittlere Verlage» gebildet, welche sich für eine integrale Umsetzung des vom Bundesrat beantragten Medienpakets und insbesondere für die vom BAKOM vorgesehene Ausgestaltung der Onlineförderung einsetzen will.

Mit der vorliegenden Stellungnahme möchte das Präsidium transparent aufzeigen, wo die Differenzen zwischen der Mehrheit des Präsidiums und den beiden Initianten der IG liegen.

Der Schwerpunkt des Medienpakets, der Ausbau der indirekten Presseförderung, ist vollkommen unbestritten und nach wie vor das Hauptanliegen des VSM. Er umfasst die Aufstockung der Finanzhilfe für die Postzustellung der Zeitungen und neu, nach Beschluss des Ständerates, auch die Ausdehnung auf die Frühzustellung.

Für dieses Anliegen hat sich unser Verband seit Jahren eingesetzt. Um den Interessen aller Mitglieder gerecht zu werden, wurde ein verbandsinterner Kompromiss über die Verwendung der zusätzlichen Mittel erarbeitet. Man einigte sich auf den Umfang der notwendigen Entlastung in der Tages- und in der Frühzustellung sowie auf eine Abstufung der Preisreduktion in Abhängigkeit der Auflage im Verhältnis von 1:1,6 zugunsten der kleineren Titel. Konkret heisst das, dass Titel mit Auflagen unter 40’000 Expl. in der Tageszustellung 60% höhere Förderbeiträge erhalten sollen. Den letzten Punkt konnten wir noch in die Vorlage einbringen, nachdem er zunächst nicht aufgenommen worden war.

Die indirekte Presseförderung hat sich über die Jahre bewährt. Ihr Ausbau ist für uns alle dringend, weil er das Problem der steigenden Vertriebskosten bei der Post löst, die das Geschäftsmodell der gedruckten Zeitung akut gefährden. Sie hat zudem den Vorteil, dass mit der Investition in eine Infrastruktur von öffentlicher Bedeutung weder die Unabhängigkeit der Medien gefährdet noch der Wettbewerb zwischen den unabhängigen Medien verfälscht wird.

Weiter unbestritten ist derjenige Teil des Medienpakets, der die Rahmenbedingungen der Medien verbessern (Förderung von Aus- und Weiterbildungsinstitutionen, Nachrichtenagenturen und Selbstregulierungsorganisationen sowie IT-Projekten) und die Erhöhung der Beiträge für die privaten Radio- und TV-Stationen (RTVG) will.

Dissens besteht im Bereich der Onlineförderung (Bundesgesetz über die Förderung von Online-Medien). Der VSM hatte die Onlineförderung ursprünglich stets abgelehnt, unter anderem mit Hinweis auf die fehlende Verfassungsmässigkeit. In der politischen Diskussion hat sich der VSM unter drei Voraussetzungen dem Anliegen geöffnet: 1. Die Wahrung der redaktionellen Unabhängigkeit der Medien muss gewährleistet sein. 2. Es darf keine Strukturpolitik betrieben werden und Wettbewerbsverzerrungen sind zu vermeiden. 3. Die Förderung muss einen Anreiz zu journalistischem Mehrwert und hohen professionellen Standards bieten.

Der ursprüngliche Vorschlag des Bundesrates, auf die Einnahmen aus Digitalabonnements abzustellen und damit die Zuteilung der Fördergelder dem Wettbewerb zu überlassen, hatte diesen Voraussetzungen entsprochen.

An einer Retraite im Sommer 2020 wurde die Verbandsposition vom Präsidium wie folgt definiert und im Anschluss dem UVEK übermittelt: Zum Vorteil der kleineren Verlage, die noch nicht in den Aufbau digitaler Abonnements investiert haben, sollen auch Erträge aus Kombi-Abos berücksichtigt werden. Die Holdingklausel soll zum Vorteil der dadurch benachteiligten grösseren Häuser gestrichen werden. Die Degression im Onlinebereich soll analog jener im Pressebereich ausgestaltet werden (im Verhältnis von 1:1,6 zwischen grösseren und kleineren Medien).

Die vom Bundesrat bzw. vom BAKOM später bekanntgegebenen Details zur geplanten Umsetzung der Onlineförderung haben danach die Verleger gespalten.

Die grösseren Verlage erachten die vorgesehene Degression bei der Anrechnung der massgeblichen Umsätze im Verhältnis von 1:32 in Verbindung mit der Holdingklausel als massive Wettbewerbsverzerrung und Geringschätzung ihrer publizistischen Leistung. Sie investieren seit Jahren in neue Onlineangebote und sind strukturell und in der aktuellen Krise überproportional vom Rückgang der Werbeeinahmen betroffen. Aus ihrer Sicht würde die Zuteilung der Fördergelder damit von der Kundennachfrage abgekoppelt, und es würde damit auch nicht die digitale Transformation gefördert. Dies führt nicht zu einer Strukturgestaltung, sondern zu einer Strukturerhaltung.

Die kleineren und teilweise die mittleren Medienunternehmen begrüssen die Onlineförderung in der vom BAKOM vorgesehenen Ausgestaltung, weil sie diese als für die Sicherung ihrer Existenz notwendig erachten. Sie würden über die Onlineförderung mehr Mittel erhalten als über die indirekte Presseförderung, zumal die Frühzustellung für sie weniger wichtig ist. Sie betrachten diese Förderung zudem als Beitrag zur Erhaltung einer vielfältigen Medienlandschaft.

Damit stellt sich auch eine ordnungspolitische Grundsatzfrage. Sie ändert aber nichts am Konsens im VSM-Präsidium über die Dringlichkeit des Massnahmenpakets. Dieses sollte nun schnell verabschiedet und nicht durch die zur Diskussion stehende Onlineförderung verzögert werden. Angesichts der dargelegten Differenz zur Ausgestaltung der Onlineförderung enthält der Verband sich einer Stellungnahme dazu.

Wie bereits in einem Schreiben an die Deutschschweizer Mitglieder der beiden parlamentarischen Kommissionen für Kommunikation und Verkehr (KVF) vom Dezember 2020 ausgeführt, müsste allenfalls geprüft werden, ob das Paket oder Teile davon auf dem Weg des Dringlichkeitsrechts verabschiedet werden könnten.

Aus dem Präsidium
Zürich, 5. Februar 2021

Pietro Supino, Präsident
Peter Wanner, Vizepräsident
Hanspeter Kellermüller
Beat Lauber
Andrea Masüger