Erfolgreiche Trendtagung «Jugend und Medien»

  18. Mai 2022
Erfolgreiche Trendtagung «Jugend und Medien»

Programm Jugend und Medien 2022
Bildergalerie Jugend und Medien auf persoenlich.com
Kurzvideo "Junge Medienschaffende berichten" auf youtube.com



Am Mittwoch, 18. Mai 2022 fand im Eventlokal JED in Schlieren, Zürich erstmals die Trendtagung Jugend und Medien mit rund 100 Gästen statt. Michael Marti, Mitglied der Chefredaktion Tamedia, Mitgründer YouNews und Mitinitiant der Tagung Jugend und Medien, brachte es im persoenlich.com Interview vorab auf den Punkt: «Die Alten sollen einfach mal zuhören». Unter diesem Motto ermöglichten Vertreterinnen und Vertreter aus Verlag und Redaktion einen Einblick in ihre Projekte, teilten Erfahrungen und gaben Praxistipps.

Was Junge wollen

«Alles neu macht der Mai», sagte VSM-Geschäftsführer Stefan Wabel in seiner Begrüssung und meinte damit vor allem die erfrischende Vielfalt, die an der Trendtagung herrschte. Der teilweise dominierende Ruf der “alten, weissen Männer” in der Medienbranche schien zumindest an dieser Veranstaltung gebrochen. 

So gehörte die Bühne dann zuerst auch vier Teenagern. «Was wollt ihr eigentlich von den Medien?», fragte Marti, der zusammen mit Marianne Läderach vom VSM durch den Event führte. Die vier Jugendlichen brachten verschiedene Ansichten und verschiedene Konsum-Verhaltensweisen mit. Nicht dabei: Die totale News-Deprivation. Zur Überraschung eines Teilnehmenden, dessen Sohn - zur selben Generation gehörend - eine deutlich negativere Haltung gegenüber journalistischen Inhalten aufweise. «Medien brauchen Influencer, so wie Modelabels» oder «Ich höre gerne Podcasts, aber in doppelter Geschwindigkeit», war zu hören. Abos? Teilweise gar kein Thema, da es “brutal viele Gratis-Angebote gibt”. Ohnehin ist die Fülle an Informationen, mit denen die Jugendlichen täglich geflutet werden, riesig. Da braucht es auch mal “ein Digital Detox vor Prüfungsphasen”. Denn Medien werden oft via Social Media konsumiert. Der Tenor dennoch: Es ist im Schweizer Medienmarkt für jeden etwas dabei - und wenn dann einmal mehr Geld vorhanden ist, zahlt man vielleicht auch eher für Abos. 

Warum heisst Soda Soda?

Eines dieser Angebote ist «Soda by Blick». Während die Herkunft des Namens eher zufällig ist, scheint die Strategie klar: Social-Media-Only-Inhalte für eine junge Zielgruppe, die an die Marke Blick herangeführt werden soll. Erreicht werden soll das Ziel dank jungen Journalistinnen und Journalisten, die ihre Peers mit oft interaktiven oder audiovisuellen Inhalten erreichen sollen.

Eine ähnliche Strategie hat «Die Chefredaktion» aus Wien, vor einem Jahr von einer Journalistin gegründet. Die junge Redakteurin Alena Wacenovsky, extra aus Österreich angereist, erzählte von der Arbeit des preisgekrönten Social-Media-Journalismus. 

Stolz, dabei zu sein

Eigene Inhalte und Plattformen für Junge - etwas, das nur grosse Verlage oder spezialisierte Unternehmen schaffen? Andreas Keller vom Einsiedler Anzeiger widersprach dem mit Stolz. Mit dem Projekt «members23» soll die Einsiedler Jugend an das Regionalmedium herangeführt werden. Die Covid-Krise hat der Hauptmassnahme “Events” eine erste Hürde gestellt, nun ist man beim EA aber zuversichtlich. Zurecht: Im Jugend-Panel am Morgen hiess es, Regional- und Lokalmedien interessieren besonders.

Die Sicht der Forschung

Daniel Vogler vom fög und Nadine Klopfenstein Frei von der ZHAW brachten die wissenschaftliche Sicht auf die Thematik ein. Wenig überraschend sind die jungen Erwachsenen eher news-depriviert und nutzen Medien vor allem über Social Media. Aber: Das Vertrauen in die klassischen Medien ist noch immer gross. Schaffen es diese, attraktive und zielgruppengerechte, personalisierte und interaktive Angebote auf den Markt zu bringen, ist Erfolg bei den Jungen möglich. Ein “Spotify für News” könnte erfolgsversprechend sein.

Beeinflusst ist die Mediennutzung gemäss Klopfenstein bei den ganz Jungen vor allem von zu Hause, später durch trendige Apps. Direkt auf klassische Medien greifen erst die 18-Jährigen vermehrt zu. Der Tipp an die Medien vor Ort: Richtet euch an die 15-Jährigen, die sind offen für Neues. 

Was machen die grossen, klassischen Verlage?

Nach dem wohlverdienten Lunch im JED in Schlieren lag der Fokus am Nachmittag auf den Jugend-Strategie zweier grosser Schweizer Medienhäuser. 

Tamedia peilt die U26-Generation mit einem finanziell attraktiven Angebot an: Wer 25 oder jünger ist, bezahlt für online nur 9.- pro Monat, danach ist der Sprung auf 15.- monatlich ebenfalls nur gering. Noch ist die Zahlbereitschaft tiefer, aber das Potenzial ist vor allem digital gross. Bei 20 Minuten versucht man, dieses Potenzial dank Social Media First abzuholen. Gaudenz Looser gab zu: Die Mitarbeitenden innerhalb weniger Jahre von Print first via Digital first und Video first auf den aktuellen Weg zu trimmen, ist nicht immer leicht. Aber erfolgreich: Auf vielen Plattformen ist 20 Minuten die Nr. 1. Die unausweichliche Strategie hakt vor allem an der Monetarisierung. Hier steckt die Hoffnung teilweise auch im Leistungsschutzrecht, das eine faire Vergütung journalistischer Inhalte durch Google & Co. vorsieht. 

Und die NZZ? Der Fokus liegt vor allem bei Studierenden. Sie sollen mit bestehenden Produkten, mit neu ausgerichteten Podcasts und vor allem mit spezialisierter Vermarktung angesprochen werden. Für 5.- im Monat ist man dabei. Johannes Berchtold erwähnte dabei die Beobachtung: Studierende zeigen ein überraschend hohes Engagement und synchrones Leseverhalten wie die älteren Nutzergruppen.

Haben Sie schon einmal einen Newsletter ganz gelesen?

Lea Hilff, Co-Moderatorin des Anlasses, outete sich vor dem letzten Input-Referat: Einen Newsletter komplett gelesen hat sie noch nie. Und dürfte damit kaum alleine sein. Dennoch versucht Tamedia - parallel zu allen anderen Bestrebungen - die Jugend mit einem speziell auf sie ausgerichteten Newsletter zu erreichen. Auch hier gilt: Von der Jugend, für die Jugend. Das Projekt “Hochformat” ist aktuell in Phase 3 - ein weiteres, vielversprechendes Modell. 

Nicht fehlen durfte bei prächtigem Sonnenschein die vom gesamten Publikum wohlverdiente Erfrischung in Form von Glacés. Und ein ganz zentraler Aspekt der Trendtagung zum Abschluss: Der Networking-Apéro. Die Teilnehmenden tauschten sich intensiv zu den vorgestellten Innovationen und Trends aus und liessen so das frisch aufgenommene Wissen sacken. Ein erfolgreicher und spannender Anlass fand damit seinen passenden Abschluss.

Text: Nadine Sonderegger, Andreas Zoller