Wahlkampf in den Philippinen: Fehlende Medienkompetenz mit politischen Folgen
21. März 2022
Philippinerinnen und Philippiner verbringen täglich etwa zehn Stunden an ihren Smartphones. Das schlägt sich nun im Wahlkampf für den nächsten philippinischen Präsidenten nieder. Die politische Meinungsbildung findet vor allem auf Facebook (gewissermassen dem philippinischen Internet), Youtube und Instagram statt. Die Folge: Ferdinand Marcos Junior, der Sohn von Ferdinand Marcos – der in den 80er-Jahren infolge eines Aufstands ins Exil fliehen musste – steht Anfang März ganz zuoberst auf der Favoritenliste der durchschnittlich sehr jungen philippinischen Bevölkerung.
Es scheint, als würde abermals nicht aus der Geschichte gelernt. Dank gut organisierter „Troll-Armeen“ – deren Mitglieder oft gebildet sind und sich des politischen und popkulturellen Jargons in der englischen Amtssprache zu bedienen wissen – glauben viele Junge, dass das Leben unter Marcos Seniors Regime besser war. Folteropfer aus der Ära des Kriegsrechts sehen das anders. Trotzdem vertrauen Junge den beschönigenden Informationen auf Social Media und relativieren Kritik an F. M. Junior.
Über die Gegenkandidatin Leni Robredo gelangen falsche Nachrichten über Social Media in den Umlauf. Zwar hat Facebook journalistische Investigativplattformen damit beauftragt, fragwürdige Inhalte zu prüfen, doch in der Realität gestaltet sich das schwierig: Irreführendes ist oft so geschickt verpackt, dass es durch das Raster fällt. Beispielsweise wird in einer Nachrichtenüberschrift gefragt, ob Marcos Konkurrentin faul sei und das dann im Fliesstext des Artikels verneint. Die Krux: Junge lesen oft nur noch Überschriften. So trägt der Artikel trotzdem zu einem Imageschaden bei.
Laut einer Facebook-Umfrage liegt Robredo mittlerweile knapp vor Marcos. Trotzdem bleibt ungewiss, ob sie sich am 9. Mai behauptet – man erinnere sich an die Präsidentschaftswahl von 2016 in den USA. Während Robredo einen klassischen Wahlkampf mit langen Reden führt, setzt Marcos auf kurze Social Media Clips. Damit fährt er wohl die bessere Strategie, um die Jugend zu erreichen, die sich nicht mehr die Zeit nimmt, sich vertieft mit News auseinanderzusetzen oder gar qualitativen Journalismus zu nutzen.
Quelle
Der Sachverhalt zeigt einmal mehr auf, wie stark publizistische Medienkompetenz, politische Meinungsbildung und unser gesellschaftliches Zusammenleben miteinander verwoben sind. Es ist wichtig, dass Jugendliche lernen, wie sie wahre von falschen Informationen unterscheiden können. Deshalb setzt sich der VSM mit seinen Projekten für mehr publizistische Medienkompetenz ein.